Hab gestern
The Empty Man gesehen, toller und faszinierender Mysterie-Thriller für Fans von Lovecraft und Fincher. Faszinerend auch, weil der Film wohl bereits 2017 gedreht wurde, 20th Century Fox und später Disney aber damit nichts anfangen konnten/wollten, weil in der heutigen Kino- und Filmlandschaft unvermarktbar. The Empty Man ist ein fast 2,5 Stunden Brocken von Slowburn-Horror und Mysterie-Thriller, und das Erstlingswerk eines Regisseurs, der aus dem Kreis von Fincher kommt, und in der Vergangenheit eher mit hochkarätigen Bonusfeature-Produktionen glänzte. Und Finchers Stil scheint auch stark auf David Prior (der Regisseur) abgefärbt zu sein. The Empty Man suhlt sich geradezu in akribischen Shots, einer dichten, erdrückenden Atmosphäre, und Ausleuchtung als auch Bildcomposition erinnert oft an ein Sie7en. Audiovisuell also höchste Qualität.
Aber die Tatsache, dass dieser Film überhaupt existiert, ist schon Wunder genug. Irgendwer beim alten Fox hatte anscheinend genug Vertrauen in die Vision von David Prior, dieser losen Umsetzung eines Graphic Novels, um sie mit einem übermäßig-starken Budget freizugeben. Das Endprodukt war dann dieses 2,5 Stunden Biest und keiner bei Fox wusste anschließend wie damit umzugehen. Die spätere Übernahme von Disney hat es nur noch schlimmer gemacht. So weit, dass die Studios den Film durch Testscreenings und Recuts auf 90 Minuten absichtlich zerstören und wegwerfen wollten. Am Ende scheinen die Recut-Versionen allerdings keinen Sinn mehr gemacht zu haben und man hat den Film resigniert in seiner originalen 2,5 Stunden-Fassung für gerade mal eine Tag in die Kinos geschmissen, ohne Marketing, einzig ein Trailer kurz vor Release...natürlich hat dadurch niemand diesen Film gesehen. Alles was geblieben ist, ist ein stiller Release in Digitalform, hierzulande bei Amazon.
Hinzu kommt, dass der Trailer so produziert und geschnitten wurde, dass der Film wie ein Wegwerf-Horror-Flick a la Blumhouse wirkt (Buy-Buy-Man oder so'n Scheiß), mit dem absurden Fokus auf eine Gruppe Teenagern, die im Film kaum eine Rolle spielen, wahrscheinlich mit der Hoffnung, das ganze Horror-Flick-Publikum damit in die Kinos zu bekommen. Die Verzweiflung bei Fox und Disney scheint wirklich immens gewesen zu sein. Bloß dadurch schaut natürlich das falsche Publikum mit falschen Erwartungen den Film und dementsprechend sind auch die Bewertungen auf Seiten wie IMDB ode Rotten Tomatoes. Hier mal der Trailer, aber wie gesagt, völlig fehlleitend:
Aber in den letzten Wochen und Monaten scheint der Film dann durch Word-of-Mouth immer mehr an die Oberfläche gespült worden zu sein. Zumindest hab ich ihn auch erst von einem Film-Reviewer auf YouTube (Chris Stuckman) vorgestellt bekommen. Völlig blind dann bei Prime Video gekauft und gestern endlich gesehen. In meinen Augen sind die vorsichtigen Lobhudeleien absolut gerechtfertigt, es ist kein Meisterwerk, aber ein verdammt guter Film. Man darf allerdings keine Angst vor der Lauflänge haben. Das Teil ist wirklich atmosphärisch-dichter Slow-Burn, und hat mit seinen 2,5 Stunden alle Zeit der Welt sich zu inszenieren und zu erzählen. Bis zur Titeleinblendung allein sind es über 20 Minuten Prolog und Aufbau.
Hier mal das Review von Chris Stuckman, er geht in der zweiten Hälfte zwar auf Spoiler ein, aber da gibt er vorher Bescheid:
Den Film gibt es bei Amazon zum Leihen und Kaufen. Wer auf Fincher steht, auf Lovecraft, auf Slow-Burn-Horror, beunruhigende Visuals, auf detektivische Mysterie-Thriller a la Mothman Prophecy und keine Angst vor einem 2,5 Stunden kriechenden und drückenden Atmosphäre-Film, der sollte sich The Empty Man auf jeden Fall geben. Solche Filme werden heute leider nicht mehr produziert und können wie in diesem Fall bewiesen auch eigentlich nicht existieren.