Ich weiss, worauf Minge hinaus will. Und das wäre sicher auch der perfekte Zustand. Aber ich befürchte, das ganze System funktioniert so nicht. Denn auch die Geschichte über einen weissen Cis-Mann wird nicht dazu führen, dass dieser weisse Cis-Mann der Profiteur seiner Geschichte ist.
Du kannst das natürlich nicht tatsächlich auf jede Einzelgeschichte runterbrechen, sondern man muss dabei den Blick aufs große Ganze richten.
Im Prinzip ist es die Theorie der kulturellen Aneignung: Man hat eine marginalisierte Personengruppe, die nicht in den Machtpositionen ist um über ihre eigenen Belange zu entscheiden, die selbst eine kaum wahrnehmbare Stimme hat, popkulturell, politisch usw.
Die Stimme von weißen Männern wurde und wird hingegen laut und deutlich vernommen, ihre Geschichten sind bekannt, ihre Interessen werden durch sie selbst vertreten, sie sind es, die von der Kapitalisierung ihrer Kultur profitieren usw. usf.
Sie haben die Machtpositionen, die es braucht, um sich auch marginalisierter Kultur anzunehmen, um Geschichten über andere zu erzählen, aus ihrer Perspektive, zu ihren Bedingungen, mit ihnen als letztliche Profiteure.
Sie sind in mehrfacher Hinsicht Gatekeeper: Wenn sie die Geschichte anderer erzählen, dann mögen sie die Stimme der Unerhöhrten zwar wahrnehmen - was man erst mal als Fortschritt bewerten mag -, sie lassen sie aber weiterhin nicht selbst sprechen sondern filtern, was sie für erzählenswert halten und was nicht.
Aber auch für die Aufstiegschancen marginalisierter Personen sind sie Gatekeeper: Es erhalten zunächst solche Vertreter*innen marginalisierter Personengruppen eine Aufstiegschance, die an der grundsätzlichen Machthirarchie nicht zu rütteln gedenken.
Ob eine Margeret Thatcher nun eine der ersten weiblichen, westlichen Machtpolitikerinnen war wurde spätestens dann egal, wenn sie die etablierte antifeministische Politik ihrer Zeit fortschreibt. Repräsentation bleibt also bloßer Selbstzweck, wenn hegemoniale Machtpositionen nicht gleichermaßen in Frage gestellt werden.