Star Wars - Jedi: Fallen Order (PS5)
Viel erwartet habe ich nicht. Ich bin kein großer Star Wars Fan und von den Videospielen hat mir nur Knights of the Old Republic wirklich gefallen. Selbst die Souls-Vergleiche konnten mich 2019 nicht locken. Vor Kurzem habe ich dann trotzdem im Sale zugeschlagen und der PS5 Patch hat mich dann auch dazu bewegt, das Ding zu starten.
Der Anfang wusste zu überzeugen. Rotschopf Cal Kestis ist einer der letzten Jedi und lebt sein machtloses Leben als Scrapper auf irgendeinem Industrieplaneten. Die Sith entdecken ihn, es kommt zu vielen Explosionen und viel Zerstörung, es entdeckt ihn ein ungleiches Duo, das den Jedi Orden wiederbeleben will, und er zieht mit. Abgesehen von der Krachbumm-Inszenierung im Uncharted-Stil haben mir hier auch die Dialoge gefallen. Das Niveau ist hoch, die Darstellung durchweg erstklassig. Das liegt auch daran, dass man überwiegend namhafte Hollywoodschauspieler mit Synchro-Erfahrung genommen hat. (Pluspunkte auch dafür, dass man mal in einem AAA-Spiel nicht Troy Baker und Nolan North hören muss.) Auch schön, dass man sich auf wenige Charaktere konzentriert hat und diese dafür ausführlich zeichnete. Jede Figur fühlt sich sehr menschlich an, allen voran der kleine Droide BD-1, und dieses typische Star Wars-Motiv, die Balance zwischen Gut und Böse in jedem Menschen und der Welt, wird interessant umgesetzt.
Das Gameplay lässt sich von den Souls-Spielen inspirieren. Man hat seine "Bonfires" und verliert die gesammelte Erfahrung bei einem Tod und das Spiel ist ziemlich anspruchsvoll auf dem ausbalancierten Schwierigkeitsgrad, aber diese Elemente fand ich stellenweise etwas aufgesetzt, letztendlich aber auch nicht störend. Wichtig ist, dass sie das Kampfsystem ähnlich befriedigend anfühlt. Wie in Sekiro parieren wir Gegner, um ihre Stamina-Leiste zu kürzen, und können dann zu tödlichen Lichtschwerthieben wechseln. Das ist top inszeniert und fühlt sich unglaublich wuchtig an. Das Kampfsystem bietet aber nicht nur Schauwerte. Es gibt mehrere Machtangriffe, die wunderbar kombiniert werden können und die Gefechte interessant und abwechslungsreich gestalten. So können wir Raketen verlangsamen und dann mit dem Force Push zurückschleudern oder wir nutzen den Force Pull um ganze Gegnergruppen in den Abgrund zu reißen. Es entsteht eine wunderbare Dynamik in den Kämpfen, die man so selten erlebt.
Die Kämpfe sind aber nicht alles. Fallen Order ist ein waschechtes Action-Adventure. Im Metroidvania-Stil erkunden wir die Planeten, schalten Abkürzungen und neue Areale mit neuen Fähigkeiten frei. Platforming ist eine wichtige Säule des Gameplays. Wir machen Wallruns, gleiten Abhänge hinunter, hüpfen mit so Blobpflanzen, schwimmen und klettern. Nebenher lösen wir kleine und große Umgebungsrätsel. So viel "Action-Adventure" habe ich schon lange nicht mehr erlebt, und auch wenn im Vergleich mit Uncharted und Tomb Raider diese Elemente etwas janky wirken, bietet dieses Spiel viel mehr Raum und Ideen als seine Action-Adventure-Shooter-Verwandten. Ich liebe einfach Spiele, die hier den 90er-Charme einfangen und Gameplayideen über eine saubere und opulente technische Umsetzbarkeit stellen.
Und das ist noch nicht alles. Was stört mich an den Star Wars-Adaptionen? Seien es die aktuellen Filme oder Serien oder Videospiele. Man reitet nur noch auf der Nostalgie herum. Jeder zweite Szene muss irgendwie an die Original-Trilogie erinnern, jeder zweite Charakter muss eine Wiedergeburt oder die Schwester vom Cousin der Tante von Han Solo oder Luke Skywalker sein. Star Wars war mal groß und ist jetzt irgendein Inzestdorf, das Angst hat, den Bus in die Stadt zu nehmen. Fallen Order hat auch seine Nostalgiemomente und droppt paar bekannte Namen, aber die Story dreht sich nicht um die Charaktere von vor langer, langer Zeit. Es macht Spaß diese Menschen und menschenfernen Rassen kennenzulernen, es macht Spaß die Flora und Fauna zu erkunden. Am besten hat mir hier Kashyyyk gefallen. Ja, es gibt Wookies und sie schreien lustig rum. Aber sie sind nicht der Star des Planeten. Fallen Order vermeidet das Offensichtliche. Kashyyyk ist ein Dschungelplanet und lebt von der Pflanzenwelt. Leuchtende Blumen verfolgen uns auf Schritt und Tritt, scheinen uns neugierig anzusehen, fremdartige Knospen beschießen uns mit Gift, ein riesiger lebender Baum führt uns in schwindelige Höhen. Star Wars ist Science Fiction, aber Star Wars ist auch ein Märchen. Und Fallen Order besinnt sich auf die fantasievolle Welt der Originale und weiß, dass man nicht nur zitieren darf, sondern den Horizont des Universums erweitern muss.
Bis zum Ende hat mich dieses Abenteuer unterhalten. Nicht alles ist perfekt. Das Spiel hat auch heute noch einige Schönheitsfehler, die Truhen sind mit ihren Ponchos und Lichtschwertgriffen enttäuschend, der Planet Dathomir verkommt zum Hack'n'Slay, aber insgesamt habe ich schon lange nicht mehr so viel Spaß gehabt. Fallen Order nutzt die vielleicht bekannteste IP der Welt und macht daraus ein Spiel, das in der Wüste aus Remasters, Remakes, Reboots und immergleichen Nachfolgern stolz heraussticht und seinen eigenen Weg geht.