In keiner Generation habe ich mehr gespielt. Buchstäblich hunderte Games habe ich auf meiner PS4 durchgezockt, dazu gesellen sich einige Vita- und PC-Titel. Tausende Stunden habe ich jährlich ins Gaming investiert. Und zusätzlich dank Ladebalken mit Gesprächen mit Entwicklern einen tiefen Einblick in die Branche bekommen. Für mich war deswegen die Gen8 die größte Generation für mein Hobby und umso schwerer fiel mir dieses Ranking.
1. Red Dead Redemption 2
Ich denke wir sind im Videospielbereich gerade am Anfang des Durchbruchs zu einer gewissen Reife. Das ist immer noch ein sehr jugendliches Medium, im doppelten Sinne. Es ist jung, es richtet sich aber auch überwiegend an Jugendliche oder an Männer jugendlicher Natur. In den meisten Videospielen kloppen wir auf Monster bis wir die Credits sehen.
Red Dead Redemption 2 ist anders. Natürlich kann es sich nicht von allen Videospieltraditionen und -konventionen lösen. Es ist weiterhin ein "Spiel" und der spielerische Anspruch findet sich wie so oft in Geschicklichkeitsübungen mit einem Fadenkreuz. Während Rockstar immer großen Wert auf Gameplay legte und Spielmechaniken nie zum Mittel zum Zweck verkommen, um eine Geschichte zu erzählen, haben es die Entwickler nie zuvor geschafft, das Gameplay so stark mit der inhaltlichen Komponente zu verknüpfen. Allein der Ritt durch die Prärie, irgendwo eine Transition von Mission zu Mission, hat immer eine starke spielerische und inhaltliche Komponente. Wir beobachten, erkunden, erleben, wir reflektieren als Spielcharakter aber auch als Spieler, und wo andere Entwickler nichts mit diesen Missionspausen anzufangen wissen und sie praktisch streichen, arbeitet Rockstar dieses Element heraus statt zu es beschneiden.
Aber das allein soll nur zeigen, wie viel Qualität im Gamedesign hier steckt. Was Red Dead Redemption 2 tatsächlich zur Reife verhilft, sind die Welt und die Story. Es geht hier nicht um Cowboys (und trotzdem geht es soweit um Cowboys und amerikanische Gesellschaft und Geschichte, dass das Spiel auch in diesem Bereich die Konkurrenz intermedial gerne in den Schatten stellt). Es geht um einen erwachsenen Mann, der sich in einem Leben wiederfindet, das keine Schwäche erlaubt, während er von Schwäche gezeichnet ist. Um ein Kind ohne Vater, das sich nach der Vaterfigur sehnt. Um Krankheit und Verlust. Dieses Spiel ist meiner Meinung nach größer als sein Medium. Es ist moderne Klassik.
2. Sekiro
Es war ein Kopf-an-Kopf-Rennen zwischen den nächsten Positionen. Hier hätte genauso gut ein Witcher, Hellblade oder Bloodborne stehen können.
Warum es Sekiro wurde? Perfektion im Gameplay. Ich liebe die modernen From Software-Games, ich liebe das Konzept, die obskuren Inhalte und natürlich das anspruchsvolle Action-Gameplay. Und während Miyazaki Spiel für Spiel Lücken in der Herausforderung reduziert hat, war es immer noch zu einfach die Mechaniken zu entblößen. Sekiro hingegen ist ein reiner Skillcheck auf höchstem Niveau. Jeder Angriff des Gegners muss präzise verteidigt werden. Dabei hat jede Verteidigung, sei es der Dash, der Block, der Counter oder ein anderer Skill, ihre eigenen Stärken und Schwächen und muss dynamisch an die Situation angepasst werden und letztendlich zum Angriff dienen, der wiederum durch verschiedene Fähigkeiten unterstützt werden kann. Das klingt alles recht bekannt, hat man allerdings seinen ersten wahren Zweikampf, übersetzt sich diese Formel zu einem unglaublichen Spektakel für alle Sinne. Nie war ein Sieg über einen Gegner so befriedigend. Die tiefe Liebe zur japanischen Kultur, Geschichte und Mythologie sind dann nur das Sahnestück auf diesem Meisterwerk.
3. Bloodborne
Ein Spiel, das nach Demon's Souls und Dark Souls Miyazaki aus der Komfortzone lockte. Und das nicht ohne Einbußen. Es gibt viele Dinge, die es hier zu kritisieren gibt. Das Gameplay ist aggressiver, aber auch reduzierter, spätere Gebiete leiden unter dem Chaos, das zugegeben der Story entspringt und erst mit dem DLC findet das Spiel den Weg zum Olymp.
Das ist aber Kritik auf sehr, sehr hohem Niveau. Und Bloodborne punktet an einer ganz anderen Stelle. Die Lovecraft'sche Welt ist der Gipfel mythologischer Geschichten, die Darstellung am Zenit des Art Designs, ein skurriler, schwarzer Fiebertraum zwischen der Dunkelheit der Menschheit und kosmischen Wahnsinns göttlicher Mächte. Es ist eine persönliche Neigung, aber für mich gibt es kein besseres Setting und Miyazaki hat die nötige Fantasie, es blühen zu lassen wie es vielleicht niemand vor ihm geschafft hat. Ein Name, der stolz neben den Künstlern Lovecraft, Giger und Beksinski genannt werden sollte.
4. Hellblade
Düster und mystisch geht es weiter. Dieses Mal aber etwas bodenständiger, auf dem Fundament der nordischen Mythologie. Hellblade ist aber nicht nur eine gelungene Neuinterpretation paganischer Überlieferungen, vielmehr ist es die Geschichte über eine starke Frau mit einer ausgeprägten Psychose. Dabei behandelt das Spiel das Thema mit sehr viel Respekt dank der Unterstützung von Psychologen. Somit ist Hellblade nicht nur ein symbolstarkes feministisches Werk, sondern auch eins, das sich dem schwierigen Thema psychischer Erkrankungen widmet. Dabei wird der Wahn audiovisuell überzeugend und opulent dargestellt. Der 3D-Sound ist auch heute noch absolute Referenz und die Darstellung durch Melina Juergens gehört trotz der Debüt-Rolle zu den besten im Videospielbereich.
5. The Witcher 3
Machen wir es kurz. The Witcher 3 ist mittlerweile mehr oder weniger anerkannt das beste West-Rollenspiel, wahrscheinlich beste Rollenspiel und für viele das beste Videospiel überhaupt. Und das nicht ohne Grund. Statt sich dem Mainstream zu ergeben, zelebriert man das komplexe Genre und bietet eine Geschichte für Erwachsene mit einem unglaublich vielschichtigen Hauptcharakter. Von der kleinsten Nebenquest bis zum großen Finale ist diese Reise ein Meilenstein des Gamings.
Mit den restlichen Platzierungen mache ich ein anderes Mal weiter. Vielleicht.