Vampire: The Masquerade - Bloodlines (boah, was ein sperriger Titel, wenn man es komplett ausschreiben will ^^)
Hab das Spiel jetzt über die letzten 2 Wochen verteilt mal endlich nachgeholt (vielen Dank auch an
@Para, da das Spiel im deutschen Steamstore nicht mehr erhältlich ist seit den Änderungen bezüglich Age Ratings wäre ich ohne ihn da gar nicht mehr rangekommen).
Hab das Spiel damals als ich anfing mich für PC Gaming zu interessieren, in den späten 2000ern, spätestens in den frühen 10er Jahren, immer kaum beachtet, obwohl ich mit dem Genre an Immersive Sim/First Person RPGs schon vertraut war und gerade mit Deus Ex in meiner Kindheit schon Spaß hatte.
Grund dafür war immer, das wo auch immer man was zu dem Spiel als Kulthit gesehen hat, sei es in Reviews, auf Coverarts oder YouTube-Video Thumbnails diesen einen Charakter gesehen hat. Jeder der das Spiel gespielt hat, weiß welchen Charakter ich meine, oder wer danach googlet weiß auch sofort worauf ich mich beziehe.
Da ich schon damals aufgeschnappt hatte, dass dieser Charakter aber weder Protagonist ist, noch sonst weiter einen größeren Teil des Plots einnimmt (der Charakter taucht ausschließlich in ganzen vier größeren Sidequests in Akt 1 auf), hat das schon als Jugendlicher so ein bisschen sleazy vibes auf mich gemacht, so nach dem Motto, man hat kein Vertrauen in das Spiel selbst als Produkt also packt man einfach den weiblichen Charakter in sexy Schulmädchen Outfit aufs Cover um damit Spiele zu verkaufen. Hat für mich perfekt in diese Ära an frühe 2000er PC Spiele gepasst, wo sowas immer mal wieder bei lower budget games passiert ist. Hab das Spiel daher Ewigkeiten nie näher betrachtet und halt als so Schmuddelkram abgetan und erst viel später mitbekommen dass das als Spiel selbst inhaltlich in eine ganz andere Richtung vom Genre geht.
Naja, hab es jetzt deshalb endlich nachgeholt, war irgendwie in der Mood dadrauf, und gerade weil ich alles wo ich eine eigene Charaktererstellung mit Wahl von Rasse, Klasse (oder in diesem Falle Clan) und eigenen Statpunkt-Verteilung liebe, hat sich das gut momentan angeboten. Gehe mal nicht so sehr auf die Story ein um da nicht zu viel zu spoilern, falls irgendjemand anderes das Spiel auch irgendwann mal nachholt.
War am Anfang auch echt schwer für mich bei der Wahl des Clans, da das mein Ersteinstieg in das Setting war und mir viele direkt zugesagt haben. Hab das Spiel auch komplett vanilla ohne Mods außerhalb des Unofficial Patch gespielt (obwohl ich weiß, dass es unzählige Mods für das Spiel gibt, die z.b. andere Clans hinzufügen), und nur hier und da mal was in etwaigen Essays aufgeschnappt an Begrifflichkeiten, sodass mir die Namen und Konzepte von den Clans schon mal wenigstens grob ein Begriff waren. Finde eigentlich Malkavians übelst sick, auch von den Abilities, aber da deren Wahnsinn dazu führt, dass jede Dialogchoice, die man wählen kann, komplett Banane und Wortfuselei ist, mit ebenso lustigen Reaktionen von NPCs, dachte ich mir, würde ich als Erstdurchlauf lieber erstmal normal die Dialoge verstehen, und hab mich deshalb für Toreador entschieden, da mir der Fokus auf Persuasion und Social Skills gefiel, möglichst viele Freiheiten bei der Lösung von Quests in Dialogen zu haben.
Insgesamt fand ich direkt zu Anfang schon stark, gerade für das Alter des Spiels, wie gut die Charaktere gealtert sind. Damit meine ich einerseits technisch, für das Alter des Spiels sind die Facial Animations und Models echt krass, wenn man vergleicht wie sowas in ähnlichen Spielen der Zeit aussah. Aber auch vom Design und auch gerade das Voice Acting hat mir sehr gut gefallen und war sehr charmant. Gibt viele Charaktere, bei denen es einfach unterhaltsam war ihnen zuzuhören und nur wenige unwichtige NPCs wo man denken könnte, die Performance wäre "phoned in". Und von den Outfits sehen viele Charaktere einfach cool aus, in dieser spezifischen 2000s Art an "cool", aber generell ist das Spiel visuell, aber auch akustisch einfach ein vibe.
Hatte vor meinem Spielen auch schon mal irgendwo aufgeschnappt, dass das Spiel aufgrund der turbulenten Entwicklung anfangs hoch "peaked" und dann gegen Ende hin etwas abflacht, und kann das schon verstehen.
Der Anfang in Santa Monica (das Spiel spielt vollends in LA und hat kleinere Hub-Areale mit vielen kleineren Locations für Main- und Sidequests) ist schon irgendwie am stärksten, auch weil die Spielwelt des Settings da irgendwie noch am glaubwürdigsten verkauft wird und ich die Idee dieser Secret-Underworld Society am ehesten abkaufen kann.
Mochte denoch auch in Akt 2 und 3 die Parts in Downtown und Hollywood auch noch sehr, und erst gegen Ende in Chinatown merkt man, dass da der Feinschliff und die Ideen ausgegangen sind. Gerade größere Mainquests sind dann häufig nur noch belanglosere lange Shootouts in ewig gleichen Gängen (gerade das Kanalisations-Level und die Giovanni-Villa, da kam kurzfristig ein wenig Flashbacks an Halo 1's Library auf, oh gott). Gegen Anfang bis Mid-Game hinegen gibt es dafür richtig coole längere Level im Zusammenhang mit der Mainquest. Das Ocean Hotel in Akt 1 und gerade Grout's Mansion in Akt 2 fand ich richtig, richtig cool (ohne jetzt direkt zu spoilern, was da die coolen Twists und Mechaniken dort sind).
Muss auch sagen, dafür das ich immer so viel Kritik gegenüber dem Kampfsystem mitbekommen hatte (und ja, das reißt jetzt rein mechanisch auch keine Bäume aus, stimmt schon), hatte ich damit trotzdem irgendwie Spaß. Als Toreador Gegner per Wallhack durch Wände sehen und Bullet Time aktivieren zu können, war schon irgendwie sehr spaßig, und habe irgendwie eine große Fondness für Spiele dieser Ära mit early physics engines.
Ist mir egal, dass das Spiel immer nen halben Herzkasper kriegt, wenn ich auf einer beweglichen Tonne stehe und das Spiel kurz davor ist mich mit 500km/h runter zu slingshotten, wenn ich per Melee-Attacks Gegner ragdolle, ist das einfach immer noch lustig, auch nach 20 Jahren noch (Dragon-Engine Yakuzas lassen grüßen).
Und gerade als ich gemerkt habe, dass ich mit Melee-Attacks Wall-Bounces mit Gegnern machen kann als würde ich Tekken spielen, da ging dann der Fun-Faktor richtig los, ganz gleich wie primitiv es eigentlich nur button mashing ist. Da haut man dann die Bullet Time rein und klatscht dem gegnerischen Vampir schnell mal 20 Backpfeifen um die Ohren als würde man ne Killer Instinct Ultra-Combo machen und das macht dann trotzdem Spaß.
Finde hierbei auch das Zusammenspiel aus Gameplay-Mechaniken und Choices sehr cool. Manches ist natürlich sehr offensichtlich binär (am Ende einer Quest ne Dialogue-Choice, kille ich Charakter X für mehr Cash oder lasse ich ihn leben für kein Cash, aber +1 Humanity, so oder so ähnlich kennt man aus vielen Spielen dieser Art), aber manche sind auch um einiges subtiler und ergeben sich mehr aufgrund der Dinge, die man im Gameplay tut, oder noch eher wie man sie tut.
Gibt da schon ziemlich viele mögliche Paths für Side- und sogar eine Menge der Mainquests. Das passt auch super, weil es in der heutigen Zeit im Jahre 2025 irgendwie toll ist wie herrlich offen politisch das ganze ist. Ist einfach erfrischend mit den Anarchs zu reden und das sehr offensichtlich ist, dass man da gar nicht groß um den Busch reden will, sondern offen politische Ideologie thematisiert, wenn auch vor diesem Background dieser Vampir-Society.
Da hab ich mir aber generell beim Spielen mehrfach gedacht, dass das Spiel wenn es hypothetisch remastered werden würde, so heutzutage wohl kaum rauskommen könnte. Nicht nur glaube ich, dass man sich so eine indirekte politische Positionierung heute nicht mehr so offen trauen würde (leider), aber auch bei z.b. Character-Creation und im Gameplay selbst, ist mir direkt aufgefallen, wie viele spezifisch gegenderede Backgrounds es gibt (für männlich und weibliche Charaktere, bei jedem Clan) und auch eine Menge Choices und Dialog Optionen im Spiel unterschiedlich sind nach dem eigenen Charakter-Gender. Ich finde sowas cool, weil es mehr Alleinstehungsmerkmal für den eigenen nach Wunsch erstellten Charakter gibt und damit auch mehr Wiederspielwert, aber sowas wird heutzutage ja leider in Spielen mehr vermieden als die Pest. Trotzdem ist es sehr cool, dass man schon in einem so alten Spiel einen spezifisch queeren Charakter durch die Wahl bei Charakter-Erstellung spielen kann, und das ebenso einige Cutscenes und Dialog-Choices abändert.
Alles in allem hatte ich schon ne echt gute Zeit mit dem Spiel. Werd es auf jeden Fall noch das ein oder andere Mal irgendwann durchzocken (dann aber auf jeden Fall als Malkavian), gibt vielleicht kleinere Dinge, die ich etwas doof fand, vieles kann ich aber auch einfach aufs Alter des Spiels zurückführen, wo man einfach noch nicht andere Möglichkeiten hatte (in der Questlogic gibt es z.b. einige Dinge, die beim zweimaligen Nachdenken nicht so ganz Sinn machen, die man schlanker hätte lösen können, aber beim ersten Mal durchspielen so nicht so richtig auffallen).
Einziges Problem ist jetzt, dass es mich natürlich noch mehr wurmt als vorher schon, dass man beim zweiten Teil sich von einem eigenen Charakter wegentwickelt und zu einem festen Charakter hingeht. Die Formel aus Bloodlines 1 mit etwas größerem Budget, mehr Polish, sodass man nicht auf einen Unofficial Patch angewiesen ist, und den anderen Clans auch spielbar, die man so in Teil 1 ohne Mods nur antrifft ohne sie selbst spielen zu können, wäre absoluter Hype gewesen. So, naja, muss man mal abwarten...