Der weiße Tiger (Netflix)
Hin und wieder schafft es Netflix, sich überraschende, kleine Perlen für ihre Plattform zu sichern.
Der weiße Tiger ist eine davon. Während ich Slumdog Millionär (obwohl ich großer Danny Boyle Fan bin) mit seiner aufgesetzten Feelgood Durchhalteparole für maßlos überbewertet halte, geht der weiße Tiger in die andere Richtung und zeigt schonungslos, wie auch heute noch das Kastensystem Indien fest im Griff hat.
Balram erzählt als Rückblende seinen Aufstieg vom armen Dorfbewohner zum erfolgreichen Unternehmer im modernen Indien. Auf dem ärmlichen Ländlichen geboren, wird er zum Fahrer für den reichen Sohn seines Herren Ashok und dessen Frau, die gerade aus Amerika zurückgekehrt sind.
Ich interessiere mich sehr für solche Filme, da ich früher berufstechnisch phasenweise viel mit Indern auch aus niederen Schichten zu tun hatte.
Und die Mentalität, die ich erlebt habe setzt der Film perfekt um: Die Unterwürfigkeit der Diener geht schon ins Schmerzhafte und sie lassen jede noch so schlimme Demütigung über sich ergehen.
Was den Film auszeichnet, ist aber auch, dass die Diener unter der Fassade der Unterwürfigkeit selbst nach jedem Vorteil und Möglichkeit greifen und die propagierte Zuneigung zu ihren Herren eben nur das ist.
Beide Stände haben sich komplett mit ihrer Rolle arrangiert und sehen sich selbst auf allen Ebenen soweit voneinander entfernt, als würde man nicht von einer Beziehung unter Menschen reden. So wie der Herr sich nicht vorstellen kann, auf einer Stufe mit dem Diener zu stehen, so ist es umgekehrt dem Diener unmöglich, den Herren als Mensch zu betrachten.
Der Film hat viele Erinnerungen geweckt.
Trotz der teils humorig düsteren Tonalität kein leichter Film, was daran liegt, dass einem eigentlich keine der Figuren wirklich sympathisch wird.
Obwohl es einen kleinen Hänger im Mittelteil gibt: Volle Empfehlung.