Also bei mir ist das alles sehr ausgewogen von Platz 3 abwärts, weil ich viele für mich sehr solide, sehr starke Spiele dieses Jahr gespielt habe, wo ich mich tatsächlich schwer tue da eine definitive Rangfolge zu erstellen. Nur bei den obersten Plätzen ist das für mich mehr als eindeutig.
Baldur's Gate 3 ist aber auch so stark, dass es wohl auch in jedem anderen Jahr für mich gewonnen hätte, sogar die Generation an sich und darüber hinaus, so stark ist das Spiel. Kann mich die letzten 25 Jahre an kein Videospiel erinnern, dass qualitativ SO gut war und habe dann nur andere Spiele persönlich so hoch im Ansehen, bei denen ich für mich selbst aber auch absolut anerkennen kann, dass das an eigenen Biases liegt, die ich zu den jeweiligen IPs habe und einem rein qualitativem Vergleich BG3 sie alle in die Tasche steckt.
Um ein Beispiel anzuführen, viele Spieler haben in etwaigen RPGs so den einen, vielleicht sogar zwei Charaktere, die besonders hervorstechen, selbst in richtig guten RPGs. Mass Effect's Garrus Vakarian ist da ein gutes Beispiel, der häufig als einer der besten, wenn nicht sogar der beste Party-NPC in RPGs gilt.
Aber Baldur's Gate 3 hat gleich 6 davon auf der Qualität, jedes der Origin Partymitglieder ist so gut auf dem Niveau eines Garrus' geschrieben, hat eine so interessante Backstory und vor allem ist so reactive wie Mass Effect das ursprünglich im ersten Teil mal für die Partymitglieder mal geplant hatte, ja sogar noch weit reaktiver (btw. auch ein sehr interessantes System, das nach ME1 verworfen wurde, lohnt es sich auf jeden Fall mal im Netz sich drüber zu informieren, wer an sowas interessiert ist und das nicht näher mitbekommen hat beim Spielen von ME1).
Gab ja vorgestern auch in den News das Larian zitiert wurde, das eine der großen Inspirationen für das Gamedesign nicht unbedingt andere CRPGs, sondern Immersive Sims wie Arkane's letzten Spiele-Output oder die neueren Hitman-Spiele waren. Und das merkt man auch so sehr in jeder Facette. Nur haben sie ein so vielseitiges und zum experimentieren einladendes Gamedesign nicht nur aufs Gameplay, Exploration oder Combat anwenden können, selbst Story und Dialoge haben so viele Routen, versteckte Events und sind so miteinander verkettet wie es in einer normalen Immersive Sim normalerweise nur das Gameplay-selbst schafft.
Absolut herausragend, wahrscheinlich das beste Spiel für viele, viele kommende Jahre imo (und wenn ich damit unrecht habe, wäre das sogar noch besser, weil wenn wir so schnell back-to-back Spiele von so einer hohen Qualität kriegen, gewinnen wir am Ende einfach alle und haben was davon).
Trotzdem schmerzt es mich ein wenig BG3 auf Platz 1 packen zu müssen (aber wie oben hoffentlich gut genug erklärt warum ich es einfach auf den Platz schieben muss), da ich dadurch
Street Fighter VI nur auf Platz 2 legen kann und es sonst in jedem anderen Jahr wohl mein Nr. 1 Pick wäre.
Fighting Games sind meine große Leidenschaft, ich kauf mir nahezu jedes halbwegs relevante Spiel in dem Genre, selbst in Fällen wo ich weiß dass das jeweilige Spiel mich eigentlich nur peripher anspricht, nur um das Genre zu supporten, und da bin ich umso mehr erfreut wie dermaßen GUT SFVI ist.
Gibt für mich nichts tolleres als Leute zu erleben, die das erste Mal sich an ein Fighting Game trauen und selbst wenn man anfänglich ein wenig stolpert oder noch nicht jede noch so tiefe Mechanik oder Fach-Terminologie versteht, Spaß dadran hat und dann einen Einstieg in das Genre finden kann.
Und kein einziges Spiel der letzten Jahre hat das so gut gemacht wie SFVI. Dutzende Accessibility Optionen, einerseits für Spieler mit Disabilities, aber andererseits auch einfach für Genre Newcomer, sogar ein Control-Scheme für lokale Modi wo man mal vielleicht dem sechsjährigen Cousin bei Familienbesuch den Controller in die Hand drückt, der noch gar nicht die Tasten alle versteht, und trotzdem Spaß haben kann, hat man in dem Spiel.
Wenn es einen Punkt gibt, den ich Leuten vermitteln will, dann, dass wenn man jemals mal ein Fighting Game auch nur mal austesten will, auch nur den Zeh in das heiße Wasser dippen will um die Temperatur zu checken, dann ist SFVI das Spiel dafür.
Dazu hat man richtig viel Content, verschiedene Spiel-Modi, lokal, wie online, richtig gute Trainings-Tools, die für jedes Control-Scheme und jede Erfahrungsstufe an Spielern etwas bieten, einen echt frischen und unterhaltsamen Singleplayer-Modus mit World Tour, eine durch und durch stylishe Inszenierung, coole Newcomer als Charaktere und gleichzeitig richtig starke Re-Designs für alle alten Charaktere. Ist einfach eines der besten Fighting Game Pakete ever, und wird in Zukunft durch Updates nur immer besser und besser.
Generell auch von SFVI losgelöst (und damit einhergehend mehr zu meiner
Enttäuschung des Jahres) find ich es irgendwie beachtenswert: Die 00er Jahre bis ca 2010 rum gelten allgemein in der Szene als die Fighting Game Dark Ages, da keine Serie mehr an traditionelle Erfolge aus den 90ern und frühen 2000ern anknüpfen konnte. Viele IPs sind in der Versenkung verschwunden oder merkwürdige Experimente haben sich finanziell nicht ausgezahlt.
2011 hat Netherrealm mit ihrem Mortal Kombat Reboot maßgeblich dazu beigetragen (neben Street Fighter 4's Release ein paar Jahre davor natürlich) das Genre aus diesen Dark Ages zu heben und hat den Prototypen des modernen Fighting Games geliefert inklusive dem Framework eines cinematic story modes, das danach jedes erdenkliche Fighting Game bis aufs kleinste Detail kopiert hat, noch bis vor 1, 2 Jahren. Mortal Kombat 9 war für Fighting Games ähnlich wegweisend wie ein Call of Duty 4 es für Multiplayer Shooter war. Und NRS Spiele waren die letzten Jahre finanziell und von den Verkaufszahlen mit Abstand die erfolgreichsten (Smash Bros. mal außen vorgenommen) und haben den Ton angegeben für das Genre, zu Teilen auch zu recht, da sie hohe Production-Values mit substantiellem Singleplayer-Content kombiniert angeboten haben und die Konkurrenz da nicht mitziehen konnte, meist sowas nicht mal schlecht imitieren konnte.
Da ist es nur zu passend, dass wir aktuell einem neuen Golden Age of Fighting Games bevor stehen, alle großen Franchises erfreuen sich neuen Erfolgen. Street Fighter natürlich als Speerspitze, aber z.B. auch ein Tekken 8 sieht aus als wenn es ein hervorragendes Spiel werden würde, Riot Games' Project L ist auch nicht mehr so weit weg, Arc System Works florieren mit Guilty Gear Content Support und Launch von Granblue Fantasy Versus Rising, selbst fucking Killer Instinct hat nach 6 Jahren einen Patch bekommen (und wenn das kein Vorzeichen dafür ist, das Microsoft bald mal grünes Licht für ein neues Killer Instinct gibt, steinige ich Phil Spencer mit meinen alten originalen Xbox Duke-Controllern, die ich noch im Keller habe!!!
), und da ist es gerade zu so einem Zeitpunkt nur zu passend, gerade jetzt wo NRS mit
Mortal Kombat 1 so richtig auf die Fresse fliegt.
Klar, vom Gameplay ist es wesentlich dynamischer und aktiver und bietet generell den Spielern viel mehr Potenzial sich zu entfalten als zuletzt MK11, das dafür auch gerade von Genre-Veteranen kritisiert wurde, aber alles andere außerhalb ist so ein großer Rückschritt, und zu Zeiten eines SFVI, das bewiesen hat, dass man gutes Gameplay UND guten, vielseitigen Content haben kann, reicht das alleine nicht mehr.
Von dem geringeren Content an Customization, Costumes, etc., weniger Spielmodi, haufenweise Bugs, dass man denken könnte es sei ein Bethesda Game, teilweise auch komplett unnötiger Prämisse eines Semi-Reboots, was dann am Ende nicht mal viel an den Charakteren verändert und der Tatsache, dass das Kameo System zwar gameplay-technisch viel Tiefe bietet, aber einfach mega goofy aussieht und es sich deshalb nicht mal wirklich cool anfühlt das Spiel zu meistern und krasse Kombos landen zu können.
Gab wenige Tage nach Release schon Statistiken das die Steam Spielerzahlen von MK11 schon wieder größer waren als die von MK1, da wurde das anfangs noch auf einen richtig großen Steamsale für MK11 geschoben, weswegen mehr Leute MK11 dann spielen sollten. Monate später aber hat sich daran nicht viel geändert und es sind ungefähr genau so viel Leute zu MK11 zurückgekehrt wie Spieler MK1 aktiv spielen.
Und da ist es doch irgendwo ironisch, dass NRS Fighting Games aus den Dark Ages gehoben haben, allerdings wo das Genre jetzt in ein neues goldenes Zeitalter geht, der Weg fürs Erste ohne NRS gemacht wird.